Die Frage „Kann denn Liebe Sünde sein?“ wird ja ab und an gestellt. Ich finde, es ist eine sehr interessante Frage.
Und dieser Satz hat mich der Antwort etwas näher gebracht:
„Bei der Sünde kommt es auf die böse Absicht an!“
Die alt-ehrwürdige Lehrerin Fräulein Cristina in Don Camillo und Peppone.
Können demnach auch Gedanken und Gefühle eine Sünde sein? Ich sage ja, das können sie. Immer dann, wenn sie Bosheit und Gehässigkeit enthalten. Doch was ist, wenn es sich um Gedanken und Gefühle handelt, die positiv sind, wie die Liebe, die so viele Facetten hat? Oder die Sehnsucht nach Geborgenheit, die Hoffnung auf Freundschaft? Wenn dies von einem anderen Menschen als unangebracht, als unangenehm empfunden wird, ist es dann eine Sünde, entsprechende Gedanken und Gefühle weiterhin zu haben?
Das kommt darauf an.
Besteht auch nur die geringste Tendenz, dabei auch anderen, negativen, Gedanken und Gefühlen Raum zu geben, dann ja. Also immer dann, wenn der andere absichtlich verletzt wird. Auch Besitzansprüche auf eine andere Person, Eifersucht, Wut und ähnliche Gefühle sind immer Sünde, unabhängig von den Umständen. Dadurch werden auch die ursprünglich positiven Gedanken und Gefühle in Hässlichkeit und Gemeinheit verwandelt und damit zerstört.
Doch handelt es sich denn überhaupt um eine Verwandlung?
Meiner Meinung nach nicht. Dass sich ein wahrhaftiges Gefühl der Liebe derart verändert, ist unmöglich! Auch die Sehnsucht nach Geborgenheit und die Hoffnung auf Freundschaft, schließen eine derartige Veränderung völlig aus.
Denn Liebe, Geborgenheit und Freundschaft bedingen Ehrlichkeit, Offenheit und Rücksichtsnahme auf den anderen. Wer liebt, dem ist es wichtig, dass der andere glücklich ist. Auf sich selbst bezogene Wünsche sind da nicht das Ziel. Im Gegenteil, gerade Liebe lässt erkennen, dass der geliebte Mensch glücklich sein muss, auch wenn das bedeutet, das eigene Glück nicht verwirklichen zu können.
Und auch wer sich „nur“ nach Geborgenheit sehnt und auf Freundschaft hofft, wird die Möglichkeit dazu nicht absichtlich gefährden.
Fazit: Findet also eine Verwandlung ins Negative statt, so hat es sich in Wahrheit nie um Liebe, Sehnsucht nach Geborgenheit oder Hoffnung auf Freundschaft gehandelt. Sondern um etwas anderes, dass ich als Selbstsucht bezeichne.
Aber was, wenn eine solche Verwandlung ins Negative zwar überhaupt nicht stattgefunden hat, aber von der geliebten Person unterstellt wird?
Zum Beispiel, weil diese die Gefühle nicht erwidert und es außerhalb des bisherigen Erfahrungsrahmens der geliebten Person liegt, dass ihre Wünsche wahrgenommen und akzeptiert werden, OHNE dass die liebende Person dafür vorher auf ihre Gefühle verzichtet. Wenn die geliebte Person schwarz-weiß denkt. Es für erforderlich hält, dass die liebende Person ihre Gefühle verleugnet und diese von ihr „abgelegt“ werden. Dies als „Beweis“ dafür einfordert, dass die Nicht-Erwiderung der Gefühle akzeptiert wird?
Dann handelt die geliebte Person falsch. Denn etwas absolut Gutes und Schönes wird in diesem Fall von ihr in etwas Böses verdreht. Dadurch, dass sie kein Vertrauen zur liebenden Person hat. Kein Vertrauen in die Liebe. Und kein Vertrauen in sich selbst und den eigenen Selbstwert.
Und dadurch, dass sie ihr Misstrauen wie einen Kübel Scheiße über die liebende Person ausschüttet und so beleidigt und zutiefst verletzt. Ihre Liebe wird dabei als Waffe gegen sie eingesetzt. Während die liebende Person die Tiefschläge einsteckt und der geliebten Person zu vermitteln versucht, dass es gar keinen Grund gibt, um sich zu schlagen, reagiert die geliebte Person nur umso panischer und schlägt immer wilder um sich. Weil sie kein Vertrauen hat und nur sieht, dass die liebende Person nicht den eingeforderten Beweis erbringt.
In einem solchen Fall gibt es drei mögliche Reaktionen
- Die liebende Person hört auf zu lieben. Dann hat sie jedoch nie geliebt, sondern lediglich begehrt.
- Die liebende Person nimmt das Unrecht hin, schweigt dazu, leidet im Stillen. Vermittelt der geliebten Person dadurch den Eindruck, sie sei mit ihrem Verhalten im Recht. Dann liebt sie jedoch nicht, sondern befindet sich in einem Abhängigkeitsverhältnis, in dem sie bereit ist, alles mit sich machen zu lassen.
- Die liebende Person hält die Tiefschläge bestmöglichst aus. Sie teilt der geliebten Person deutlich mit, dass sie durch sie verletzt wird. Und das diese Verletzungen völlig unnötig sind, da die Nicht-Erwiderung der Gefühle akzeptiert und respektiert ist. Wenn die zugefügten Verletzungen das Maß des Erträglichen überschritten haben, wird die liebende Person zur Selbstverteidigung übergehen und/ oder sich – zumindest ein wenig – zurückziehen. Aber den eingeforderten Beweis, das ablegen ihrer Gefühle, den wird sie nie erbringen können. Denn sie liebt. Sie will nicht besitzen. Sie liebt. Und wünschst sich, dass dies von der geliebten Person als aufrichtig und nicht mehr als vermeintliche Einforderung der Erwiderung wahrgenommen wird.
Ist also Liebe Sünde?
Meiner Meinung nach: Nein! Denn Liebe ist etwas, dass nicht absichtlich gefühlt oder absichtlich nicht-gefühlt werden kann. Entweder wird sie empfunden oder nicht.
Auch wenn Liebe missgedeutet und deswegen als vermeintliche Bedrohung angesehenen wird, ist dies keine Sünde, denn die Fehlinterpretation ist ebenfalls keine Absicht.
Was ist mit den Verletzungen, die der liebenden Person zugefügt wurden. Sie handelte ja bewusst, mit Absicht.
Stimmt, aber nicht in böser Absicht. Sie ging schließlich davon aus, dass sie in Notwehr handeln würde.
Also: Nein, Liebe kann keine Sünde sein, denn:
„Bei der Sünde kommt es auf die böse Absicht an!“
Die alt-ehrwürdige Lehrerin Fräulein Cristina in Don Camillo und Peppone.
Wie siehst Du das? Was ist Deine Meinung dazu?
Hinterlasse gerne einen Kommentar. Ich freue mich auf Deine Gedanken!
Kommentare
2 Antworten zu „Kann denn Liebe Sünde sein?“
St. Augustine would say that sin is (usually) love . . . But *disordered* love.
I love chocolate.
I love my neighbor.
Neither is sin.
But if I love chocolate more than my neighbor, ad so I steal his chocolate, that *is* a sin.
And so sanctification is a matter of keeping our lives correctly ordered; correctly prioritized.
(Sorry for English)
Hallo Kent,
wie schön, dass Du den Weg von Facebook auf meine Website gefunden hast. 🙂 Vielen Dank für Deinen Kommentar!
Ja, ich empfinde es so, wie Augustin es dargelegt hat. Die Liebe ist ein Wert an sich.
So lange die eigene Liebe nicht zum Schaden des Gegenübers durchgesetzt wird (sozusagen mit allen Mitteln und ohne Rücksicht auf Verluste), so lange behält sie ihren Wert.
Auch dann, wenn sie nicht erwidert wird, ist die Liebe an sich etwas wunderschönes. Etwas, bei dem es keinen Grund gibt, sich daran zu stören.
Für die liebende Person ist die Liebe an sich ein kostbares Geschenk.
Für die geliebte Person trifft dies ebenfalls zu. Auch, nein, gerade auch wenn sie die Gefühle nicht erwidert, so hat sie ein kostbares Geschenk erhalten. Einen wertvollen Schatz. Denn bei der Liebe handelt es sich um ein echtes Geschenk. Die liebende Person nimmt nämlich keine Erwartungshaltung ein. Sie fordert nicht, dass die Gefühle erwidert werden. Hofft lediglich, dass ihre Liebe anerkannt und respektiert wird und nicht etwa mit etwas anderem verwechselt und als Bedrohung angesehen wird.